KPD vs. “Sozialfaschismus” in Ernst Thälmanns Worten

Tobias Blanken
2 min readSep 17, 2018

Was für abenteuerliche Blüten die Verwechslung von Nationalsozialismus und Faschismus und der vermeintlich “antifaschistische” Kampf der KPD gegen den herbeihalluzinierten “Sozialfaschismus” der SPD getrieben haben, zeigen diese Absätze aus einer vom damaligen KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann Ende 1931 verfassten Analyse:

Wie groß diese Gefahr ist, das ergibt sich u. a. gegenwärtig aus dem neuesten Manöver des Soziafaschismus. Die SPD, die, im Zusammenhang mit den neuen Wahlerfolgen der Hitler-Partei und auf Grund ihrer Kenntnis von den ja nicht auf alle Ewigkeit abgebrochenen Koalitionsverhandlungen des Zentrums mit den Nazis, für ihre preußischen Ministersitze fürchtet, möchte einerseits ihre rebellierenden Anhängermassen bei der Stange halten, andererseits der Bourgeoisie ihre Unentbehrlichkeit demonstrieren. Aus diesem Grund vollführt sie ein neues demagogisches Manöver. Sie „droht“ damit, „Einheitsfront mit der Kommunistischen Partei“ zu machen. Die Rede Breitscheids in Darmstadt anläßlich der Hessenwahlen und die Kommentare zu dieser Rede im „Vorwärts“ zeigen, daß die Sozialdemokratie mit diesem Manöver den Teufel des Hitler-Faschismus an die Wand malt, um die Massen vom wirklichen Kampf gegen die Diktatur des Finanzkapitals abzuhalten.

Wie aber steht es hinsichtlich der Beurteilung des Hamburger Wahlergebnisses?

Trotz des Wahlerfolges gab es dort erhebliche Mängel und Schwächen, die festgestellt und kritisiert wurden. Aber dort gelang uns immerhin, in die festeste Hochburg der deutschen Sozialdemokratie eine Bresche zu schlagen, wenn auch ein stärkerer Einbruch noch nicht gelang. Dort gelang es uns, aus den Reihen der sozialdemokratischen Arbeiterschaft Zehntausende für den Kommunismus zu gewinnen. Für jeden Kommunisten, der den Grundsatz anerkannte, daß unser Hauptstoß gegen die Sozialdemokratie gerichtet sein muß, mußte deshalb unser Erfolg gegenüber der SPD der entscheidende Gradmesser für die gesamte Beurteilung des Wahlausgangs sein. Wenn es richtig war, daß der Kampf gegen den Faschismus in allererster Linie Kampf gegen die SPD ist und sein muß, dann bedeutet der Erfolg gegenüber der Hamburger Sozialdemokratie eben auch einen Erfolg gegenüber dem Faschismus.

Und doch gab es solche Stimmungen, die vor den nationalsozialistischen Bäumen den sozialdemokratischen Wald nicht sehen wollten. Weil die Nationalsozialisten auch in Hamburg einen beträchtlichen Wahlerfolg erzielen konnten, unterschätzten diese Genossen die Bedeutung unseres Kampfes gegen den Sozialfaschismus, die Bedeutung unseres Erfolges gegenüber der SPD. Darin drückten sich unzweifelhaft Merkmale eines Abweichens von der politischen Linie aus, die uns verpflichtet, den Hauptstoß gegen die SPD zu richten.

Diesen falschen Einstellungen gegenüber müssen wir mit aller Schärfe feststellen: die Faschisten können überhaupt nur geschlagen werden, wenn man die SPD, ihr Bündnis mit dem Faschismus, ihren Dienst für den Klassenfeind vor den Massen der Arbeiter enthüllt und diese von den SPD-Führern loslöst.

Aus: Thälmann, Ernst: “Einige Fehler in unserer theoretischen und praktischen Arbeit und der Weg zur ihrer Überwindung”, in: Die Internationale. Zeitschrift für Praxis und Theorie des Marxismus. Jg. 14, Heft 11/12 (1931)

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