Zitat: Imre Kertész übers gigantische Negativum

Tobias Blanken
1 min readMay 17, 2018

Man wird das Gefühl nicht los, daß das Leben nicht primär eine organisch zusammenhanglose Masse von Phänomenen ist, wie es den Anschein macht, sondern daß es eine Transzendenz hat.

Lies den Baumeister Solness, um zu sehen, was aus den Symbolen geworden ist. Der Kirchenbau ist kein Symbol mehr.

Gibt es noch gültige Sinnbilder? Die moderne Mythologie beginnt mit einem gigantischen Negativum: Gott hat die Welt erschaffen, der Mensch hat Auschwitz erschaffen.

Ich stelle mir eine Theologie vor, die sämtliche schlechten Erfahrungen der Schöpfung zu einer Wissenschaft zusammenfaßt, deren Sprache jedoch von einem göttlichen Stil, von einem metaphysischen Kontrapunkt geprägt ist, aber nur rhetorisch, nicht argumentativ.

Imre Kertész, Ich — ein anderer, S. 100.

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